Stolpersteine gegen das Vergessen

Am Freitag 26. Februar wurden in Oberhausen 18 neue Stolpersteine in den Gehweg verlegt, die an Opfer des Nationalsozialismus erinnern. Die Schülerinnen und Schüler des Zusatzkurses Geschichte haben die Schicksale dreier Familien erforscht und als eine Art Puzzle rekonstruiert. Dazu sind sie – trotz Coronabeschränkungen – in das Stadtarchiv Oberhausen und in das Landesarchiv NRW gefahren und haben mit viel persönlichem Engagement gearbeitet. Aufgrund der Coronapandemie und des Lockdowns musste der Künstler Gunter Demnig seine Teilnahme bei der Stolpersteinverlegung leider absagen. Auch durften keine Gäste eingeladen werden und die Schüler nur als Privatpersonen zur Verlegung kommen.

 

Ein kleiner Stein von 10 x 10 cm, mit einer Messingplatte trägt den Vor- und Nachnamen, das Geburts- und Sterbejahr sowie die Etappen der Verfolgung. Auf diese Weise gibt er dem Opfer seinen Namen und somit ein Stück Würde zurück. Die Stolpersteine werden an den letzten frei gewählten Wohnort der Verfolgten in den Gehweg eingelassen, sodass Passanten oder Anwohner sehen können, wo Menschen lebten, die aus ideologischen – z.B. rassistischen – Gründen von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Bei der großen Zahl an Betroffenen wird dem Betrachter gleichzeitig bewusst, dass die Verfolgung nicht nur das Werk einiger weniger Nationalsozialisten war, sondern dass viele Menschen den Terror und den Holocaust wahrgenommen bzw. mit zu verantworten hatten.

 

Wer genau waren die Verfolgten?

 

Die Familie Mettbach war sehr groß, denn die Eltern Anna und Karl hatten 13 Kinder. Das Schicksal der Sinti-Familie wurde schon von Familienmitgliedern erforscht und so sind bereits Stolpersteine verlegt worden. Die Schülerinnen und Schüler haben hier nur das Leben der Mutter sowie der Geschwister Wilhelm und Margarethe untersucht. Gemäß der nationalsozialistischen Ideologie galten Sinti- und Roma als minderwertige Rasse, weshalb ihre Verfolgung, genau wie die von Juden, durch die Nürnberger Rassengesetzen legitimiert wurde. Ab 1939 wurden sie systematisch deportiert und in Konzentrationslagern sterilisiert (unfruchtbar gemacht). Die Mutter samt einiger ihrer Kinder wurde im KZ Ravensbrück von den Nationalsozialisten ermordet. Wilhelm Mettbach wurde unter dem Vorwand der „Arbeitsscheue“ deportiert. Wie durch ein Wunder überlebte er 5 Jahre in 6 verschiedenen Konzentrationslagern. Nach dem Krieg heiratete er und zog seinen neugeborenen Neffen als Pflegesohn auf. Auf Wunsch der Familie wurden in der Kirchhellenstraße 87 zu den dort liegenden keine weiteren Steine verlegt.

 

Die Familie Schleimer umfasste die Eltern Erich und Berta Schleimer sowie ihre zwei Töchter: Irmtraud und Ursula. Erich war jüdischen und Berta evangelischen Glaubens, was die Nationalsozialisten als „Mischehe“ betitelten und die Kinder als„Mischlinge“ abwerteten. Der Ehemann und Vater wurde mehrfach verhaftet und in Konzentrationslager deportiert. Die Familie musste in ein sog. „Judenhaus“ umziehen.  Während die eine Tochter nach Nordirland auswanderte, wurde die jüngere Ursula ins Arbeitslager Zeitz deportiert und später in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Zum Glück geschah dies gegen Ende des Krieges, sodass die drei Familienmitglieder einander wiedersahen und in Oberhausen weiterlebten. Die Stolpersteine liegen in der Düppelstraße 112.

 

Zur Familie Stern gehörte das Ehepaar Adolf und Agnes Stern und die Töchter Maria und Elsbeth Katharina. Es war eine deutsche Familie jüdischen Glaubens. Adolf war niedergelassener Arzt und Agnes engagierte sich im jüdischen Frauenbund und arbeitete im jüdischen Kindergarten. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, musste Adolf seine Praxis und Agnes den Kindergarten schließen. Maria musste ihr Medizinstudium abbrechen. Die Familie wählte als Lösung die Auswanderung nach Palästina. Die Eltern und jungen Frauen – damals 18 und 21 Jahre – mussten ihre Familie, Freunde, ihren Besitz sowie ihr ganzen Lebensumfeld aufgeben, um ihr Leben zu retten. Die Stolpersteine liegen in der Stöckmannstraße 92.

 

Die Arbeit mit euch Schülerinnen und Schülern war eine tolle Erfahrung!

Danke für euer Engagement im Projekt „Stolpersteine“!

A. Kremer